Wissenschaften für zweifelhafte Zwecke? Dual Use und seine Folgen

Wissenschaften für zweifelhafte Zwecke? Dual Use und seine Folgen

Am 17. Februar 2022 fand die Online-Veranstaltung „Wissenschaften für zweifelhafte Zwecke? Dual Use und seine Folgen“ im Rahmen der Leopoldina-Gesprächsreihe „Von Freiheit und Verantwortung der Wissenschaften“ statt. Veranstaltet wurde sie von der Leopoldina-Kommission Wissenschaftsethik und dem Zentrum für Wissenschaftsforschung der Leopoldina in Zusammenarbeit mit dem GA.


Maßgebliche Fragestellungen waren einerseits, in welchem Ausmaß einzelne Forschende die Verantwortung für Folgen ihrer Forschung tragen können und welche Institutionen ihnen Teile dieser Verantwortung abnehmen könnten. Außerdem besprachen die Diskutierenden, ob und wie gesetzliche Regulation von Forschung möglich und zweckdienlich sei.


Florian Kraus aus dem Institut für anorganische Chemie der Universität Marburg und Mitglied des GA vertrat die Ansicht, dass Regulation zwar in bestimmter Hinsicht möglich und sinnvoll sei – Beispiele hierfür seien etwa die Chemiewaffenkonvention sowie Exportkontrolllisten des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Allerdings sei in vielen Bereichen der Forschung, etwa bei der Entwicklung neuer chemischer Verbindungen, eine gesetzliche Regulation weder realistisch noch zielführend. Carsten Reinhardt, historischer Wissenschaftsforscher der Philipps-Universität Marburg pflichtete dieser Position in wesentlichen Punkten bei und untermauerte sie mit Beispielen aus der Wissenschaftsgeschichte. Er plädiere für eine Transparenzpflicht hinsichtlich Forschungskooperationen, um etwa die Zusammenarbeit von deutschen Forschungseinrichtungen mit Militäreinrichtungen oder anderweitig riskanten Akteuren offenzulegen. Die Frage, inwieweit die Verantwortung für Folgen von Dual-Use-Forschung bei den einzelnen Forschenden einerseits und etwa Forschungseinrichtungen und Politik andererseits liege, konnte nicht abschließend beantwortet werden.


Zum Ende der Diskussion mit dem Publikum fiel der Fokus auf die Frage nach dem Verhältnis von Dual-Use- und Verteidigungsforschung. Während Herr Kraus vorschlug, zu unterscheiden, ob Militärforschung nur auf Verteidigung oder auch auf Angriff ausgelegt sei, zeigte sich Herr Reinhardt skeptisch, dass es so etwas wie reine Verteidigungsforschung geben könne und nannte zur Illustration die Entwicklung der Gasmaske, die deutschen Truppen im Ersten Weltkrieg überhaupt erst den Einsatz von Gas als Kampfstoff gegen feindliche Truppen ermöglichte.